Daniel Winkler
Multi Asset Strategist
09.02.2021
Globale Wachstumsdynamik
Die im Dezember 2020 begonnenen Impfungen in vielen Teilen der Welt geben den Hoffnungen auf eine Rückkehr zu einer Normalität im Laufe des Jahres 2021 einen realen Boden. Damit einhergehend sollte die Weltwirtschaft 2021 mit 5,5 % expandieren. Seitens der Biden-Administration wird spätestens im März ein weiteres Fiskalpaket erwartet, das im Rahmen der „Blue Wave“ die weltgrößte Volkswirtschaft nochmals beflügeln dürfte. Konsistent damit erwartet der Internationale Währungsfonds ein Wachstum der US-Wirtschaft 2021 von 5,1 %; dies sind zwei Prozentpunkte mehr als noch im Oktober des Vorjahres vorhergesagt. Ferner spielt die rapide konjunkturelle Erholung Chinas seit dem zweiten Halbjahr 2020 und die von uns erwartete Fortsetzung der konjunkturellen Dynamik in der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt 2021 eine entscheidende Rolle. China wird laut Internationalem Währungsfonds dieses Jahr mit 8,1 % wachsen. Im ersten Quartal dürfte es in China nichtsdestotrotz vorübergehend zu einer leichten Abschwächung der sehr hohen Konjunkturdynamik kommen. Erste Signale in diese Richtung liefern die aktuellen NBS- und Caixin Einkaufsmanagerindizes, sowohl aus dem Verarbeitenden Gewerbe als auch aus dem Dienstleistungssektor. Mit Blick auf den nachfolgend skizzierten Industrieausblick ergeben sich mithin kurzfristige (Preis)Risiken bei Rohstoffen. In Kombination mit unserem konstruktiven mittelfristigen Ausblick bedeutet dies übersetzt: Buy on Q1-Dips. Dem vorausgehenden Wirtschaftsaufschwung in den USA und Asien dürfte die Wirtschaft des Euroraums erst mit einigem Abstand folgen. Der 2020 verabschiedete European Recovery Fund wird aber den „alten“ Kontinent sukzessive in die Lage versetzen, in allen europäischen Ländern Investitionen in die Transformation der Wirtschaft hin zu mehr Nachhaltigkeit vorzunehmen. Auch hiervon dürften entsprechende Rohstoffpreise profitieren.
Zusätzliche Unterstützung für die zu erwartende Nachfragedynamik im Fahrwasser der globalen Konjunkturerholung kommt von den Zentralbanken. Die Fed und – bis Ende des ersten Halbjahres – auch die EZB haben ihre geldpolitischen Strategien adjustiert respektive werden dies bald umsetzen (EZB). Länger als jemals zuvor werden die beiden wichtigsten Notenbanken – in Gesellschaft von BoC, BoE, BoJ, etc. – ihre Leitzinsen auf niedrigstem Niveau belassen! Das Jahr 2021 dürfte allein unter diesem geldpolitischen Aspekt v. a. in den USA sehr spannend werden: Die in Richtung der 2%-Zielmarke kletternde Inflation wird am Markt zeitnah die Diskussion um Zinserhöhungen beflügeln. Da sich die Fed jedoch verpflichtet hat (Stichwort Glaubwürdigkeit), Inflationsraten über 2 % für einen gewissen Zeitraum zu tolerieren, wird das FOMC länger als noch von vielen Investoren erwartet stillhalten. Zur Erinnerung: Wenn die Inflationsrate viele Monate unter 2 % lag, „muss“ sie mehrere (abhängig von der Inflationsprognose) Monate über 2 % rangieren. Ansonsten verfehlt die Fed ihr Ziel von durchschnittlich (!) 2 %. Dies ist eindeutig Rohstoff-positiv, da die Finanzierungskonditionen so länger günstig bleiben.
Ein weiterer Faktor, der für steigende Rohstoffpreise spricht, ist der moderate Abwärtstrend des US-Dollars. Wenngleich dieser per Februar 2021 etwas ins Stocken geraten ist, gehen wir ab Q2 2021 von einer leichten Fortsetzung der Greenback-Schwäche aus. In jedem Fall erwarten wir keine erneute Stärke der US-Valuta. Dies wäre in unserem Risikoszenario nur der Fall, wenn es jenseits des Atlantiks zu einem „Rendite-Schock“ kommt. Unseres Erachtens dürfte diese Möglichkeit jedoch begrenzt sein, da die Fed eine implizite Yield-Curve-Control, insbesondere am langen Ende der Renditestrukturkurve, betreibt.