Die bereits seit Anfang August steigenden Renditen reflektieren, dass sich die Marktakteure wieder stärker auf die Inflationssorgen der Notenbanken konzentrieren. Angesichts der zunehmenden Unsicherheit beim Gewinnausblick war es nur eine Frage der Zeit, wann die höheren Zinsen für fallende Bewertungen an den Aktienmärkten sorgen würden.

 

Daniel Winkler
Multi Asset Strategist
06.09.2022

Keine Zinswende der Fed! 

Die US-Notenbanker:innen waren jüngst nicht zufrieden mit der Markterwartung an ihre Leitzinspolitik im kommenden Jahr.

Die Grafik unten zeigt, dass zwischenzeitlich in den vergangenen Wochen erwartet wurde, dass die Fed die Zinsen in 2023 aufgrund der schwächer werdenden Konjunktur wieder senken würde. Denn der für Ende Dezember 2022 erwartete Fed-Fund-Zins lag oberhalb des Wertes für Ende 2023. Dies verminderte die Wirkung ihrer aktuellen Maßnahmen, zumal die Geldpolitik nach den bisherigen Zinserhöhungen derzeit noch nicht restriktiv ist.

Renditen der US-Treasuryanleihen, jeweils Zinsdifferenz in Basispunkten 

Insofern haben die Mitglieder des Fed-Entscheidungsgremiums im Laufe des Augusts jede Gelegenheit genutzt, um zu betonen, dass baldige Zinssenkungen auch bei fallenden Inflationsraten und schwacher Konjunktur nicht wahrscheinlich seien. Denn das Ziel Preisstabilität zu erreichen werde länger dauern.

Der Höhepunkt der verbalen Intervention war die Rede von Fed-Chef Powell am 26. August, die erreichte, dass ein höheres und länger hoch bleibendes Leitzinsniveau eingepreist wurde.

Wir gehen davon aus, dass die Kapitalmärkte auch in den kommenden Wochen ganz im Zeichen der forschen Zinswende der Fed, aber auch der EZB (siehe unten) stehen werden. Die Sorgen vor einer schwindenden Liquidität setzen sowohl Renten- als auch Aktienkursen zu. Die Dynamik des Renditeanstiegs lässt sich jedoch nicht einfach fortschreiben, da zumindest in den USA die mittelfristigen Inflationsprämien eher fallen dürften. In Europa haben die Inflationsraten wohl noch nicht ihren Hochpunkt erreicht. Am europäischen Rentenmarkt könnten daher die Unsicherheit über die Inflationsentwicklung und die nächsten Zinsschritte der EZB die Kurse belasten, auch wenn die negativen Impulse vom US-Markt nachlassen. Vor diesem Hintergrund bevorzugen wir derzeit eine neutrale Positionierung von Renten- und Aktienmarktpositionen im Vergleich zur jeweiligen Benchmark.

Margendruck und Planungsunsicherheit 

Trotz des Rückschlags im August gibt es für die Aktienmärkte noch einige Belastungsfaktoren, die die Gewinnerwartungen der Marktteilnehmer:innen, die wohl schon bereits deutlich unter den offiziellen Schätzungen der Aktienanalysten liegen, weiter erodieren würden. So könnte sich die chinesische Konjunktur noch stärker abkühlen oder die Energiekrise in Europa zu einem Unsicherheitschock führen. Für Investoren mit einem mittelfristigen Anlagehorizont ist die aktuelle Bewertung in Europa mit Blick auf die Buchwerte jedoch sehr attraktiv.

 

Entschlossene Zentralbanker

Die Rendite zehnjähriger US-amerikanischer Anleihen ist von 2,75% am 8. August – dem Stichtag für unseren Blickpunkt August –auf 3,10% am 30. August gestiegen. Damit wurde der Juli-Rückgang wieder vollständig wettgemacht. Die Rendite der Bundesanleihen mit der gleichen Restlaufzeit ist von 0,85% auf 1,50% geklettert.

 

Juli runter, August rauf

Die Zinsdifferenz dies- und jenseits des Atlantiks ist somit seit Ende Juli gefallen. Die EZB befindet sich angesichts der ungebrochenen Inflationsdynamik in einer immensen Bredouille. Wie die jüngste „Consumer Expectations Survey“ von der EZB zeigt, entankern sich die Inflationserwartungen der Verbraucher sukzessive. Auch wenn die Abstimmung zwischen einem 50 Basispunkte-Zinsschritt und einem 75 Basispunkte-Schritt im EZB-Rat sehr eng werden dürfte (8. September), sollte die geldpolitische Sitzung im September für ein deutliches Signal der EWU-Währungshüter der „beste“ Termin sein, da sich eine Rezession im Euroraum wohl zeitnah realisieren dürfte.

 

Rendite zehnjähriger Staatsanleihen in %

Fokus Italien

Die Parlamentswahlen in Italien am 25. September werfen ihren Schatten voraus. Mit rund 4% rangiert die Rendite zehnjähriger BTPs rund drei Prozentpunkte höher als noch zu Beginn des Jahres. Neben der graduellen geldpolitischen Normalisierung der EZB führt die Möglichkeit eines politi-schen Rechtsruckes am aktuellen Rand zu höheren Renditeniveaus. Wenngleich wir kein politisches „Erdbeben“ in Italien erwarten (Wahlen werden auch im Stiefel in der Mitte gewonnen), warten wir das Ereignis ab und beobachten von der Seitenlinie aus.

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