Wir beleuchten die gestrige geldpolitische Sitzung der US-Notenbank. Neben der Ankündigung des Starts der Anleihekauf-Drosselung im November nahm die Fed ausgiebig Stellung zum Thema Inflation und den zu erwartenden Zinsschritten. Zudem werfen wir einen Blick auf mögliche Markt-Implikationen in den kommenden Monaten.  

 

Daniel Winkler
Multi Asset Strategist
04.11.2021

Fed reduziert Anleihenkäufe   

Die US-Notenbank hat im November angekündigt, dass sie noch in diesem Monat mit der Reduzierung der monatlichen Anleihekäufe („Tapering“) beginnen wird. Gleichzeitig bekräftigte sie, wie von uns erwartet, ihre Ansicht, dass die Inflation nur vorübergehend ist. In diesem Zusammenhang dämpften die US-Währungshüter entsprechende (Markt-)Erwartungen, dass die Fed Funds Target Range früher und aggressiver als angekündigt angehoben werden müsse.

Die Rückführung der Anleihekäufe wird „im Laufe dieses Monats" beginnen, so der Offenmarktausschuss (FOMC) in seinem Policy-Statement im Anschluss an die geldpolitische Sitzung. Im Rahmen dieser Drosselung der Ankaufgeschwindigkeit werden die Käufe der Fed von derzeit USD 120 Mrd. pro Monat um USD 15 Mrd. reduziert. Davon entfallen USD 10 Mrd. auf US-Treasuries und USD 5 Mrd. auf Hypothekendarlehen.

Zur Begründung hieß es seitens des FOMC, dass der Schritt „in Anbetracht der erheblichen weiteren Fortschritte, welche die Wirtschaft seit Dezember vergangenen Jahres in Richtung der Ziele des (Offenmarkt-) Ausschusses gemacht hat“, erfolge.

Märkte reagieren positiv  

Die Anleger begrüßten die Fed-Entscheidung und die behutsamen, leicht taubenhaften Kommentare des Fed-Vorsitzenden Jerome Powell mit einer positiven Entwicklung bei Aktien und einem leichten Anstieg der Renditen von Staatsanleihen. Im Nachgang der Fed-Sitzung stieg der Dow Jones Industrial Average konkret um 104,95 Punkte auf 36.157,58 Punkte und schloss mit einem neuen Rekord. Der S&P 500 stieg um 0,65% auf 4.660,57 Punkte und erreichte damit ein neues Allzeithoch. Der eher zinssensitive Nasdaq Composite legte um 1% auf 15.811,58 Punkte zu und schloss mit einem neuen Rekord. Dies ist der vierte Handelstag in Folge, an dem alle drei großen Börsenindizes auf neuen Höchstständen schlossen. Zehnjährige US-Treasuries beendeten den Handel im Tagesverlauf bei 1,60% und damit 5 Basispunkte höher.

Inflation persistenter, aber transitorisch 

Im aktualisierten Policy-Statement räumte das FOMC zwar ein, dass die Inflation „erhöht ist“. Jedoch wurde diese neue Formulierung durch die Wiederholung, dass die Inflation „vorübergehend bleibt“, wieder ausgeglichen. „Angebots- und Nachfrageungleichgewichte im Zusammenhang mit der Pandemie und der Wiederbelebung der Wirtschaft haben zu erheblichen Preissteigerungen in einigen Sektoren beigetragen", hieß es in der Erklärung. Jedoch spiegele die erhöhte Inflation „größtenteils Faktoren wider, die voraussichtlich vorübergehend sind".

Der Fed-Vorsitzende Jerome Powell sagte auf der Pressekonferenz, dass die Inflation bei anhaltenden Versorgungsproblemen nach seiner Erwartung weiter ansteigen und dann Mitte 2022 zurückgehen werde.

„Wir gehen davon aus, dass Engpässe in der Versorgungskette und Verknappungen bis weit ins nächste Jahr hinein andauern und die Inflation ansteigen wird", so Powell.

„Mit dem Abklingen der Pandemie werden die Engpässe in der Versorgungskette abnehmen und das Wachstum wird anziehen, und in diesem Zuge wird auch die Inflation gegenüber dem heutigen hohen Niveau zurückgehen.“ „Es wird erwartet, dass die Fortschritte bei den Impfungen und die Lockerung der Versorgungsengpässe zu einem weiteren Anstieg der Wirtschaftstätigkeit und der Beschäftigung sowie zu einem Rückgang der Inflation führen werden", so das FOMC.

Die Hürde für Zinserhöhungen ist hoch 

Zur Erinnerung: die Fed hatte bereits vor vielen Monaten klargestellt, dass sie keine Zinserhöhungen vornehmen wird, bevor das „Tapering“ nicht abgeschlossen ist. Nach dem derzeitigen Zeitplan wird die Reduzierung der Anleihekäufe etwa im Juli 2022 abgeschlossen sein. Allerdings hat sich die US-Notenbank hier etwas Flexibilität eingeräumt. Sie kann in den kommenden Monaten von der oben skizzierten Reduzierungsgeschwindigkeit (USD 15 Mrd. pro Monat) abweichen. Mit einer solchen Adjustierung, also einer schnelleren oder langsameren Drosselung der Bond-Käufe, rechnen wir abseits von neuen Schocks (Corona-Mutanten, galoppierende Inflation) jedoch nicht.

Damit ist klar, dass die Fed vor Juli 2022 im Basisszenario keine Zinserhöhung vornehmen wird. Die im September veröffentlichten Fed-Projektionen deuten bislang auf höchstens eine Zinserhöhung im kommenden Jahr hin. Dass die Investoren die Verringerung der Anleihekäufe nicht als ein Signal für eine bevorstehende Zinserhöhung ansehen sollten, bekräftigte Powell auf der Pressekonferenz. „Wir glauben nicht, dass es schon an der Zeit ist, die Zinssätze zu erhöhen", so der Fed-Chef. „Es gibt noch viel zu tun", bevor die Fed ihre wirtschaftlichen Ziele erreicht hat. Powell fügte hinzu, er wolle sehen, dass sich der Arbeitsmarkt „weiter erholt, und wir haben sehr gute Gründe zu glauben, dass dies geschehen wird, wenn die Delta-Variante zurückgeht, was sie jetzt tut." Bislang sind die Märkte aggressiver in ihren Zinserwartungen und rechneten bis zur gestrigen Fed-Sitzung mit bis zu drei Erhöhungen der Fed Funds Target Range im kommenden Jahr. Diese Stimmung sollte sich in den kommenden Wochen zumindest abkühlen, da der Markt die vorsichtigere Haltung der Fed in ihrem Bestreben, ein Gleichgewicht zwischen verlangsamtem Wachstum und steigender Inflation herzustellen, nun gegebenenfalls nachvollziehen wird.

Was heißt das alles für Aktien und Bonds?

Sofern der Winterverlauf (Temperaturen und Corona) keine bösen Überraschungen parat hält, sollte der Markt die Stagflations-These bald endgültig verwerfen. Dies dürfte von einer weiterhin sehr expansiven Fiskalpolitik (USA, Japan, Deutschland, um nur einige Länder zu nennen) begleitet werden, und von einem langsameren geldpolitischen Exit der relevanten Zentralbanken, als von den allermeisten Marktteilnehmern heute erwartet. 

Dies wurde gestern Abend von der US-Notenbank bestätigt und spricht kurz- und mittelfristig weiterhin für Risiko-Assets. Ganz ohne entsprechende Gewinne der Unternehmen geht es natürlich nicht. Aber auch hier sind die Vorzeichen positiv.

Im Rahmen der Q3-Berichtssaison hat bislang die überwältigende Mehrheit der S&P 500 Firmen die Gewinnerwartungen geschlagen – Lieferengpässe, höhere Input-Kosten und Arbeitskräftemangel hin oder her. Mit Blick auf das Jahr 2022 rechnen wir damit, dass die Unternehmensgewinne erneut zulegen dürften, bei abnehmenden Wachstumsraten. Konkret liegen die Gewinn-Schätzungen für den MSCI Europa bzw. den MSCI USA für 2022 aktuell bei rund 134 respektive 203 US-Dollar je Aktie und damit jeweils leicht oberhalb der 2021er Niveaus.

Für die kommenden drei Monate lautet unser Prognosekorridor für zehnjährige US-Treasuries 1¼-1¾ %. Bei Bunds gleicher Laufzeit ist abseits des transatlantischen „Sogs“ die geldpolitische Sitzung der EZB im Dezember von besonderer Bedeutung. Wenn es der EZB-Führung gelingt, ihre taubenhafte Haltung glaubwürdig zu bekräftigen und das auslaufende Pandemic Emergeny Purchase Program ankündigungsgemäß durch ein höheres Asset Purchase Program zu kompensieren, sollte sich der Treasury-/Bund-Spread moderat ausweiten. Für zehnjährige Bunds lautet unser kurzfristiger Prognosekorridor -0,1% bis -0,40%. Für den Fall dieser anhaltenden, leichten geldpolitischen Divergenz könnte im Währungs-Universum das untere Ende unseres EUR/USD-Prognosekorridors von 1,16-1,25 erneut auf Bestand getestet werden.

US-Aktien 2021: Eine einzige große Party 

 

 

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